Den «wilden» Solarstrom in ein stabiles Stromnetz einzubinden ist anspruchsvoll. Gegenüber Solarstrom kritische Stimmen werden entsprechend lauter. Doch es gibt Antworten: dynamische Tarife, die temporäre Abregelung von Solaranlagen oder mehr Speicher beispielsweise.
Wer hätte vor vier Jahren in der Schweiz ernsthaft daran geglaubt, dass heute über zehn Prozent der gesamten Stromproduktion von Solarpaneln kommen würden? Doch vielleicht läuft das Ganze gerade ein bisschen zu schnell ab. Module sind letztlich schnell montiert, die dazugehörende Netzinfrastruktur kann mit dem Tempo aber nicht mithalten. Die begrenzte Aufnahmefähigkeit des bestehenden Stromnetzes wird vor allem im Sommer immer mehr zum Flaschenhals. Wenn im Juli um die Mittagszeit in der ganzen Schweiz die Sonne scheint, fehlt es schlicht an genug Leitungen, um allen Solarstrom aufzunehmen. In einem Nachbardorf lehnte der lokale Stromversorger EWS ein Anschlussgesucht für eine Solaranlage auf einer Liegenschaft vorerst ab, wegen fehlender Netzkapazität. Solche Fälle dürften künftig eher zunehmen. Denn der notwendige Ausbau des Stromnetzes geht nicht so schnell und kostet vor allem etwas.
Die Spitzen brechen
Natürlich ist das nun Balsam für die Seelen von solarenergie-kritischen Menschen. Schon immer warnten sie vor der flatterhaften Solarenergie, welche viel zu schwierig in ein Stromnetz zu integrieren sei. Tatsächlich ist die absehbare Solarstrom-Flut um die Mittagszeit im Sommer eine echte Herausforderung. Und wenn die Wetterprognosen plötzlich ändern, wird die Planbarkeit für die Netzbetreiber zusätzlich schwierig. Die Netzkapazität richtet sich an den Produktionsspitzen aus, die aber nur an wenigen Tagen im Jahr erreicht werden. In anderen Worten: Der Schlauch muss so dick sein, dass er die Flut aufnehmen kann, obwohl dort an den meisten Tagen des Jahres nur ein Rinnsal durchfliesst. Logisch irgendwie, dass sich die Diskussionen gegenwärtig darum drehen, wie diese Produktionsspitzen gebrochen werden könnten. Das Wort Abregelung macht die Runde: Schon ab nächstem Jahr sollen die Netzbetreiber gemäss Bundesrat die Möglichkeit haben, drei Prozent der Jahresproduktion einer Solaranlage abregeln zu dürfen. Man spricht hier auch von Peak-Shaving: Anlagen werden vorübergehend vom Netz genommen, um dieses nicht zu überstrapazieren.
Abgestufte Abnahmetarife
Einen fixen Abnahmepreis für den gelieferten Strom über das ganze Jahr und zu jeder Tageszeit wird es künftig sicher nicht mehr geben. Denn die Stromnetze werden flexibler und mit Digitalisierung smarter werden müssen. Fixe Preise passen da nicht herein. Die Elektrizitätswerke des Kantons Zürich (EKZ) führt bereits ab diesem Jahr bei den Rückvergütungen Nieder- und Hochtarife ein. Abregelungen werden dazukommen. Wie genau diese im Detail aussehen werden, wird sich zeigen. Klar ist: Wenn Solarstrom bei einer Abregelung nicht mehr ins Netz fliesst, fallen auch die Einspeisevergütungen weg. Da entsteht ein finanzieller Verlust. Allerdings dürften sich dieser im Rahmen halten, da kurz über lang die abgestuften Preise dafür sorgen werden, dass es für den Solarstrom am Mittag sowieso kaum mehr etwas geben wird. Womit sich (ironischerweise) auch die finanziellen Verluste in Grenzen halten. Im ersten Moment sind das keine guten Nachrichten für Betreiberinnen und Betreiber von Solaranlagen, weil sich die Amortisationszeiten verlängern.
Solarstrom zum Niedertarif speichern
Doch Trübsal blasen ist nicht angesagt. Vielmehr sollten Solarstromproduzierende den Ball aufnehmen und zurückspielen: Denn den Speichern gehört in einem System mit abgestuften Preisen die Zukunft. Im letzten Jahr weihte der Zentralschweizer Energieversorger EWS AG nach eigenen Angaben in Ingenbohl den grössten Batteriespeicher der Schweiz mit 28 Megawatt Leistung ein. Er liefert bei Mangel Strom ins Netz oder nimmt diesen in Überflusssituation auf. Die Bereitstellung von solcher Regelenergie im grösseren Stil dürfte in einem Stromsystem mit viel flatterhaftem Solar- und Windstrom zum sehr lukrativen Geschäftsmodell werden. Private Anlagenbetreiber wie ich werden aber so schnell nicht zu Regelenergieproduzenten werden. Trotzdem gibt es auch bei kleinen Anlagen Möglichkeiten, sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Ich beispielsweise werde meinen Solarmanager anweisen, das Elektroauto bei entsprechender Wetterprognose nur noch am Mittag mit Solarstrom zu laden. Und natürlich spiele ich mit dem Gedanken, meinen Nachbarn zu einem Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV) zu bewegen. Würde die Wärmepumpe bei mir auch im Sommer laufen, wäre auch sie Teil des internen, intelligenten Netzwerkes. Das Gleiche gilt für andere grosse Stromfresser, wie beispielsweise den Elektroboiler.
Heimbatterie kommt am Schluss
Die Batterie im Keller lohnt sich in meinem Fall allerdings immer noch nicht. Zwar lese ich immer wieder davon, dass die Preise deutlich gefallen sein sollen. Die Offerte meines Solarteurs sieht aber seit Jahren immer etwa gleich aus. Trotzdem schliesse ich nicht aus, dass mich die Situation mit dynamischen Preisen dereinst umstimmen könnte. Beispielsweise, wenn der Nachtstrom einmal doppelt so viel kostet wie am Tag. In meinem Fall wäre aber sowieso eine bidirektionale Lösung naheliegend, weil mein Elektroauto oft in der Garage steht. Doch leider liegen die Preise für solche Ladestationen immer noch jenseits von Gut und Böse.
Soll ich in diesem schwierigen Umfeld überhaupt noch in Solarenergie investieren? Ich finde: ja. Die Module sind ja immer noch sehr günstig. Ich bin zudem überzeugt, dass die Solarenergie den Strommarkt und dazu gehörende intelligente Technologien in den nächsten Jahren so weiterentwickeln wird, dass Solarstrom langfristig interessant bleiben wird.
Sehr interessanter Beitrag, definitiv ein spannendes Thema! Ich habe einige neue Ideen und Optionen gefunden. Vielen Dank für die wertvollen Informationen! LG, Tim
Sehr interessanter Artikel! Die Technologie hinter HJT-Solarzellen und n-Typ Zellen ist wirklich faszinierend. Es ist spannend zu sehen, wie solche Innovationen die Solarenergie weiter voranbringen können. Vielen Dank für die aufschlussreichen Informationen! LG