Bidirektionale Ladestation

Die Batterien von Elektroautos sind so stark, dass sie problemlos zusätzlich das Hausnetz mit Strom versorgen könnten. Das Potenzial des bidirektionalen Ladens ist riesig, in der praktischen Umsetzung stockt es aber noch.

Die vom Bund unterstützte Roadmap Elektromobilität gibt die Richtung vor: bis 2025 soll die Hälfte der in der Schweiz neuzugelassenen Fahrzeuge elektrisch unterwegs sein. Das ist nicht nur besser fürs Klima, sondern ergibt auch neue Chancen für Betreiberinnen und Betreiber von Photovoltaikanlagen. Weshalb? Zum einen natürlich, weil diese ihr Elektroauto künftig mit dem eigenem Solarstrom laden können. Doch das Potenzial ist noch viel grösser: In den Autos sind grosse Batterien verbaut, oft mit einem Vielfachen an Leistungskapazität wie eine stationäre Solarbatterie. Die Batterie vom Elektroauto könnte ein Haushalt problemlos mehrere Tage mit Strom versorgen. Da liegt die Idee auf der Hand, das Auto in der Garage in das Hausnetz zu integrieren: Zum einen als Abnehmer des überschüssigen Solarstroms am Tag, zum andern als Speicher, der bei Bedarf beispielsweise in der Nacht den eigenen Strom wieder abgibt. Man spricht hier von bidirektionalem Laden.

Dieser Nissan Leaf könnte zwar bidirektional laden. In diesem Fall war dem Besitzer das allerdings zu teuer.
Dieser Nissan Leaf könnte zwar bidirektional laden. In diesem Fall war dem Besitzer das allerdings zu teuer.

Vehicle-to-Grid

Zurzeit sind in der Schweiz über 4,5 Millionen Autos registriert, mehrheitlich noch mit Benzinmotoren ausgestattet. Schon in zehn Jahren wird ein grosser Teil davon aber elektrisch unterwegs sein mit einem immensen Speichervolumen. Zusammengeschlossen zu einem kollektiven Speicher, weisen die Batterien von 100’000 E-Autos in etwa die Leistungskapazität des AKW Gösgen auf. Um dieses Potenzial zu erschliessen, müssten die herumstehenden Fahrzeuge zu einem dezentralen Netzwerk – einem Vehicle-to-Grid (V2G) – miteinander verbunden werden, welches von den Stromnetzbetreibern genutzt werden könnte. So könnte beispielsweise überschüssiger Solarstrom um die Mittagszeit gespeichert und als teurer Strom zu Spitzenverbrauchszeiten oder in der Nacht wieder abgeben werden. Die Angelegenheit ist allerdings ziemlich komplex. So muss ein derartiges System zuerst einmal alle an einer Wallbox angehängten Fahrzeuge erkennen und steuern können. Es muss zudem schnell reagieren können, wenn ein Auto eben gerade nicht als Teil dieses kollektiven Speichers zur Verfügung steht, weil es herumfährt. Erste Versuche mit solchen kollektiven, dezentralen Speichern mit E-Autos laufen, beispielsweise mit der Autoflotte des Carsharing-Unternehmens Mobility. Für diese öffnet sich so mit dem Verkauf von Strom aus den Batterien ein neues mögliches Geschäftsfeld.

Bidirektional zuhause geht schon

Schon etwas weiter ist das bidirektionale Laden zu Hause – das sogenannte Vehicle-to-Home (V2H). Eine spezielle Wallbox regelt die Speicherung vom eigenen Solarstrom in der Batterie im E-Auto und gleichzeitig auch die Stromentnahme für das Hausnetz. Das System sorgt dafür, dass eine minimale Restladung – abhängig vom Fahrverhalten – in der Batterie bleibt, die dann für Fahrten mit dem Auto ausreichen. Bidirektionales Laden zuhause ist interessant, weil der Eigenverbrauchsanteil der Photovoltaikanlage damit ansteigt. Erstmals in der Automobil-Geschichte zahlt es sich also aus, wenn ein Fahrzeug herumsteht. Die fest installierte Hausbatterie braucht es bei V2H nicht mehr, weil diese bereits in der Garage «verbaut auf Rädern» herumsteht. Wie sieht es aktuell in der Praxis aus? Spezielle V2H-Wallboxen sind in der Schweiz zwar verfügbar. Doch sie sind noch so teuer, dass sich der Betrieb kaum lohnt. Zudem ist die Anzahl der E-Fahrzeuge, die bidirektionales Laden zulassen, immer noch begrenzt. Doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis bidirektionales Laden in einer zunehmend elektrifizierten Welt zum Standard werden wird. Und das als fester Bestandteil des nationalen Stromnetzes.

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