Gemüseproduzent Frédéric Bart nutzt seine Gewächshausfläche doppelt: er produziert gleichzeitig Radieschen und Solarstrom.
Ein Gewächshaus ist ja eigentlich schon ein Solarkraftwerk. Doch der Gemüsebetrieb Swissradies AG in Ried bei Kerzers setzt dem nun noch einen oben drauf: Seit letztem Jahr sind dort über 3000 Quadratmeter Photovoltaik-Module ins Gewächshausdach integriert. Nun produziert Betriebsleiter Frédéric Bart auf der gleichen Fläche Radieschen und Solarstrom. Mit der Doppelnutzung begeht er in der Schweiz Neuland: «Ich möchte beweisen, dass es möglich ist, Gemüse und Strom auf der gleichen Fläche zu produzieren.» Noch ist er am experimentieren. Der erste Radieschen-Satz im Winter sei gründlich in die Hosen gegangen. Er vermutet einen Zusammenhang mit der höheren Luftfeuchtigkeit, die er im Abteil mit den PV-Modulen feststellte. Und natürlich müsse die Kulturführung an die eingeschränkten Lichtverhältnisse angepasst werden. Beim Besuch im Mai sehen die Radieschen dann schon viel besser aus. Der Lichtdurchlass scheint auszureichen. Im nach Nord-Süd ausgerichteten Gewächshaus wandert der Schatten während des Tages über die Kulturen. Ein Modul besteht aus 54 monokristallinen PV-Zellen, die zwischen zwei je 2,1 mm dünnen Gläsern eingebracht sind. Um das Licht besser zu streuen, überzeugte Bart den österreichischen Hersteller PVP, diffuses Glas zu verwenden. «Wir sind die ersten, die so etwas machen», sagt Bart stolz.
Sauberste PV-Anlage im Seeland
Bart rechnet damit, dass die Anlage in 15 Jahren amortisiert ist. Seine Investitionsrechnung sieht etwas anders aus, als bei üblichen PV-Anlagen. «Sowohl der Kultur- und der Stromertrag fliessen in die Rechnung ein.» Im Idealfall sollte sich die Doppelnutzung positiv auf die gesamte Wirtschaftlichkeit des Gewächshauses auswirken. Obwohl die Spezialmodule teurer waren als chinesische Massenware findet Bart, dass Gewächshäuser eigentlich prädestiniert seien für den Einsatz von Photovoltaik: «Die Montage in den langen Reihen ist einfach und der Betriebsaufwand minimal». Die Waschanlage beispielsweise ist sowieso für die gesamte Reinigung der Gläser installiert und sorgt so zusätzlich für die wohl saubersten PV-Module im Seeland, was sich ja wiederum positiv auf den Stromertrag auswirkt. Und im Sommer brauche es keine spezielle Schattierung: «Den Schatten wandeln wir quasi in Strom um», sagt Bart.
Weit hinten auf KEV-Warteliste
Den produzierten Strom liefert Bart an den Stromdienstleister Groupe E ab und bezieht ihn mit einem Ökoaufschlag von 5 Rappen zurück. Für den Bezug der kostendeckenden Einspeisevergütung KEV steht die PV-Anlage zusammen mit über 30 000 anderen Anlagen weit hinten auf der Warteliste. Vorläufig erhält er von Groupe E den Tagesstrompreis von rund 13 Rappen. Immerhin erhält er für seine andere bereits bestehende 55 Kilowatt starke Anlage seit diesem Frühling 45 Rappen KEV pro Kilowattstunde Strom.
Bart möchte mit dem PV-Gewächshaus eine Bresche für seine Berufskollegen schlagen. Die Technologie entwickle sich weiter. «Ich könnte mir sogar vorstellen, dass es dereinst mit etwas lichtdurchlässigeren Zellen sogar bei Tomaten funktionieren könnte», sagt Bart. Auch Markus Berglas von Gysi + Berglas AG, der das PV-Gewächshaus geplant hat, hofft, dass sich das Konzept bewährt: «Eine derartige Doppelnutzung würde sich positiv auf die Wirtschaftlichkeit auswirken.» Er sei überzeugt, dass viele Gemüseproduzenten sehr aufmerksam verfolgten, was in Ried passiere.
Klimaneutrale Radieschen
Insgesamt wird Bart künftig auf seinem Betrieb pro Jahr über 500 s000 Kilowattstunden Solarstrom produzieren. Bart hat ausgerechnet, dass damit in der Bilanz der gesamte Strombedarf und sogar die für die Produktion benötigten fossilen Energien abgedeckt sind. Obwohl er wenig davon hält, dass die Abnehmer Druck auf die Gemüseproduzenten ausüben und in Zukunft nur noch Gemüse aus «nachhaltiger» Produktion abnehmen wollen, muss er schmunzeln: «Unsere Radieschen produzieren wir eigentlich jetzt schon klimaneutral.»
Publiziert in «Der Gemüsebau», «LID-Mediendienst», «Joule»