Schon ein Vogeldreck kann die Leistung eines Photovoltaik-Moduls empfindlich reduzieren. Viele Ursachen von Störungen sind aber von Auge nicht sichtbar. Zur Lokalisierung braucht es in diesen Fällen spezielle Geräte wie beispielsweise eine Wärmebildkamera.

Was tun, wenn die Photovoltaikanlage nicht mehr den gewünschten Ertrag bringt? Mögliche Ursachen für Betriebsstörungen gibt es viele: Nicht richtig angeschlossene Module, beschädigte Zellen oder Verschattungen um nur ein paar Beispiele zu nennen. Die Überwachungssysteme bemerken die Fehler nicht in jedem Fall. Und auch von Auge ist vieles nicht erkennbar. Deshalb braucht es ein erweitertes Sehfeld. Eine Wärmebildkamera lokalisiert fehlerhafte Stellen zuverlässig. Sie nutzt die Tatsache, dass beschädigte oder beschattete Zellen heiss werden, wenn der Strom nicht mehr durchfliessen kann und sich an einem Widerstand staut. Das ist reine Physik. Die Überhitzung beschädigt das Modul bis zum Totalausfall. Doch Vorsicht nun vor schnellen Selbstuntersuchungen mit einer billigen Kamera von Amazon. Die Analyse einer Photovoltaikanlage unterscheidet sich wesentlich von der bekannteren Bau- und Industriethermografie und gehört in geübte Hände. Und von denen gibt es in der Schweiz nur wenige. Heinz Simmler von der Energie Netzwerk GmbH in Bachenbülach hat sich auf die Thermografie von Photovoltaikanlagen spezialisiert. «Die Analyse des Wärmebildes ist sehr anspruchsvoll, weil viele äussere Faktoren mitspielen», sagt der selbständige Solarexperte. Zudem seien die Zell- und Anlagentypen sehr unterschiedlich.

Vogeldreck auf dem Solarmodul: Das Wärmebild zeigt die lokal erhitzte Stelle rund um die Verschmutzung. (Bild Heinz Simmler)
Beschattungen und Vogeldreck

Wir sind unterwegs auf einem flachen Dach eines Gemüsebaubetriebs im Aargau mit einer 233 Kilowatt starken Photovoltaikanlage. Die Sonne scheint mit voller Kraft auf die 2300 m2 grosse Modullandschaft. Ideale Bedingungen für die Analyse mit der Wärmebildkamera. «Erst ab einer Leistung von 700 Watt pro Quadratmeter sind zuverlässige Aussagen möglich», sagt Simmler. Er schaut durch die Kamera und erkennt auf dem Bildschirm einen hellen Fleck: ein Vogeldreck. «An diesem Ort fliesst der Strom nicht mehr durch, deshalb wird es heiss», sagt der Solarteur. Dazu kommt ein anderer Effekt: Die Leistung des Solarmoduls hängt immer vom schwächsten Glied ab, weshalb das gesamte Modul bei defekten Teilen deutlich weniger Solarstrom produziert. Zwar verfügen die heutigen Module als Schutzvorrichtung über sogenannte Bypassdioden, die dafür sorgen, dass defekte Zellen ausgeschaltet werden und der restliche Teil des Moduls eine normale Leistung erbringen kann. Die Bypassdioden seien aber für Notfälle gedacht, sagt Simmler. «Wenn sie dauerhaft beansprucht werden, wird das Modul beschädigt!» Neben Verschmutzungen gehört die Beschattung der Module zu den häufigsten Störquellen. Beispielsweise Satellitenschüsseln, Kamine oder wie im Fall des Flachdachs auf dem Gemüsebaubetrieb Unkraut, das zwischen den Modulen in die Höhe wächst. «Solche dauerhaften Verschattungen wirken sich nicht nur negativ auf den Ertrag aus, sondern beschädigen die Zellen langfristig», sagt Simmler. Er überprüft in seinem beruflichen Alltag nicht nur die Photovoltaikzellen. Die Wärmekamera erkennt auch überhitzte Kabel und Wechselrichter, welche den Betrieb der Anlage ebenfalls spürbar stören können.

Beschattung durch Bepflanzung führt zu Betriebsstörungen (Bild: David Eppenberger).
Empfindliche Kamera ist nötig

Simmler hat in diesem Jahr seine Ausbildung zum zertifizierten Thermografen nach ISO EN 9712 abgeschlossen. Dabei musste er viel Physik büffeln: Diffuse Strahlung, Einstrahlwinkel, Thermodynamik, Wärmeleitung oder Spiegelungen beispielsweise. Diese theoretischen Grundlagen sind wichtig für die Arbeit eines Thermografen für Photovoltaik. Denn thermische Messungen auf Glasoberflächen sind schwierig, weil diese im Freien unterschiedlichste Objekte reflektieren oder wegen Abstrahlung vom Gebäude verfälschte Temperaturen liefern. Deshalb muss der Betrachtungswinkel der Module immer derSituation angepasst werden und darf auf keinen Fall rechtwinklig oder zu flach sein. Das Potential für Fehlschlüsse ist relativ gross. Jedes Bild müsse deshalb grundsätzlich hinterfragt werden. «Oft erscheint eine Stelle in der Kamera als kalt oder heiss nur wegen Spiegelungen», sagt Simmler. Dann müsse der Betrachtungswinkel der Kamera entsprechend korrigiert werden. Das sei je nach Anlage und den vorhandenen Zugängen manchmal schwierig. In bestimmten Fällen setzt Simmler deshalb auch eine Drohne ein. Können in der Bauthermografie durchaus günstigere Kameras eingesetzt werden, sind bei der Photovoltaik empfindlichere Geräte nötig. Sie messen Temperaturdifferenzen zwischen minus 20 und plus 650 °C auf 0,08 Grad genau.Die hochauflösenden Kameras kosten zwischen 20’000 und 30’000 Franken. Der hohe Anschaffungsbetrag ist ein Grund, weshalb es in der Schweiz nur wenige für Photovoltaikanlagen zertifizierten Thermografen gibt. Sein Vorteil sei, dass er seit vielen Jahren in der Branche arbeite, sagt Simmler: «Es hilft definitiv, wenn man weiss, wie ein Modul und eine Photovoltaikanlage aufgebaut ist und funktioniert.»

Wann macht eine Thermografie Sinn?

Gründe für beschädigte Photovoltaikmodule gibt es viele. Schäden passieren bei der Herstellung, beim Transport, der Montage oder während dem Betrieb beispielsweise durch einen Hagelschlag. Verschmutzungen und Verschattungen als Ursache für Störungen wurden bereits genannt, hier kann der Anlagenbesitzer mit der regelmässigen Reinigung und Pflege selbst viel zum guten Funktionieren beitragen. Simmler empfiehlt, bei der Inbetriebnahme der Anlage eine Thermografie durchzuführen. «Das nachträgliche Austauschen eines defekten Moduls ist meistens viel teurer.» Zudem seien die Hersteller am Anfang noch eher bereit, defekte Module gleich wieder auszuwechseln. Es gibt einige Installateure, die von sich aus Thermografien standardmässig zur Qualitätssicherung einsetzen. Simmler rät zudem zu einer weiteren Thermografie vor Ablauf der Gewährleistungsfristen in der Regel nach zwei Jahren, vor dem Ende der Produktegarantie nach zehn Jahren, und vor dem Auslaufen der Ertragsgarantie nach 25 Jahren. Bei externen Analysen verlangen die Hersteller einen Prüfbericht eines für Photovoltaik zertifizierten Thermografen, eben weil die Analyse mittels Wärmekamera anspruchsvoll ist.

Die Grösse der Anlage spielt ebenfalls eine Rolle, ob sich eine Thermografie lohnt: Bei einer 200 Kilowattanlage rechnen sich die Kosten für die Thermografie besser als bei einer Kleinanlage. Je nach Aufwand und Anlagengrösse verlangt Simmler zwischen 500 Franken und 1200 Franken inklusive Bericht. Besonders lohne sich eine Analyse bei älteren Anlagen, die noch zu den höheren Beiträgen aus der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) abgerechnet werden. «Unentdeckte Fehler bedeuten hier höhere finanzielle Einbussen.»

  • Produktionsfehler in den Modulen
  • Beschädigungen wie Risse in den Modulen
  • Fehlerhafte Stromverbindungen und Anschlüsse
  • Verschmutzungen und Beschattungen
  • Defekte Kabel
  • Beschädigungen im Wechselrichter
  • Publiziert in HK-Gebäudetechnik

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert