Salzbatterien sind umweltfreundlich, robust, sicher und nicht teurer als Lithiumbatterien. Sie eignen sich besonders als stationäre Heimspeicher. Diesen Markt will die Firma Innovenergy aus dem Berner Land nun mit seiner lokal gefertigten Salzbatterie erschliessen.

Ehrensache, dass Max Ursin im Elektroauto zum Bahnhof nach Meiringen kommt. «Es läuft mit Strom aus einer Salzbatterie», erklärt er seinem Besucher. Womit wir mitten im Thema wären. Mit seiner Firma Innovenergy GmbH arbeitet er seit ein paar Jahren daran, umweltfreundliche Batterietechnologie auf Basis von Kochsalz, Eisen und Nickel massenmarkttauglich zu machen. Dass diese funktioniert, ist längstens erwiesen. Die sogenannte Zebra-Batterie wurde bereits in den 70er-Jahren in Südafrika entwickelt. Der Daimler-Konzern setzte sie in den 90er-Jahren in Elektroautos ein, Busse und Lieferwagen fahren noch heute mit Salzbatterien. Auch unter dem Sessel von Ursins Kleinwagen ist eine solche untergebracht. Er lacht: «Sie sehen, es funktioniert!» Doch eigentlich sei die Salzbatterie gar nicht sonderlich geeignet für die individuelle Elektromobilität, sagt er. In der aktuellen Elektroauto-Euphorie mit Tesla und Co. sind Hochleistungsbatterien auf Lithium-Basis gefragt. Salzbatterien fristen deshalb ein Schattendasein, weil Forschungs- und Entwicklungsgelder vor allem in Lithium basierte Technologien fliessen.

Doch nicht nur: Brasilien investiert in Meiringen in die Weiterentwicklung von Salzbatterien. Unscheinbar in einem ehemaligen Zeughausgebäude ist die Firma Batteryconsult untergebracht. Deren Chemiker, Physiker und Ingenieure arbeiten dort an der neusten Generation von Stromspeichertechnologie auf Basis von Kochsalz. «Meiringen ist weltweit ein Hot Spot für die Entwicklung von Salzbatterien», sagt Ursin. Entstanden ist der Kontakt mit Brasilien während seiner Zeit als Projektleiter bei der Kraftwerke Oberhasli AG (KWO). Die Brasilianer suchten vor ein paar Jahren eine stationäre Speichermöglichkeit für Strom aus dem Mega-Wasserkraftwerk Itaipu. Sie fanden sie mit den Salzbatterien. Seither engagiert sich das Land finanziell an der Weiterentwicklung der Technologie im Berner Oberland.

Die Firma Batteryconsult entwickelt in Meiringen die neuste Generation von Salzbatterien.
Salzbatterien ideal für stationäre Speicher

Die Firma Innovenergy GmbH von Max Ursin arbeitet zwar eng mit Batteryconsult zusammen, konzentriert sich aber auf die Vermarktung der Salzbatterie. Diese wird im Tessin produziert und hat sich in der Praxis bereits etabliert: «Grosse Telekommunikationsfirmen setzen Salzbatterien heute in grosser Zahl wegen ihrer Zuverlässigkeit ein, um die in diesem Bereich notwendige unterbruchsfreie Stromversorgung (USV) zu sichern», erklärt er. Er ist überzeugt, dass die Salzbatterie bei den stationären Speichern gegenüber Lithium deutliche Vorteile hat: «Ihr Betrieb ist viel einfacher, sie erträgt enorme Temperaturschwankungen und sie übersteht auch eine vollständige Entladung problemlos.» Ideal für Verhältnisse auf Alpen beispielsweise, wo mehrere Landwirte bereits mit dem IndieWatt arbeiten – ein Anhänger mit Salzbatterie –, um Solar- oder Wasserkraftstrom vor Ort zu speichern. Der Strom ersetzt dort Diesel, der sonst im Stromgenerator für den Betrieb der Melkanlagen verwendet wird. Die mobile Salzbatterie ist nur ein Betriebszweig von Innovenergy, ein anderer sind grössere Speicheranlagen beispielweise für Bahnunternehmen. Durchstarten will Ursin nun aber im Heimbereich mit seinem Batteryspeichersystem «SaliDomo». «Ich bin überzeugt, dass Batterien in der Energiestrategie 2050 eine wichtige Rolle spielen werden», sagt Ursin. Den «SaliDomo» gibt es mit den Speicherkapazitäten von 9,4 kWh oder 18.8 kWh. Als Gewerbespeicher können bis zu sechs «SaliDomos» parallelgeschaltet werden, wodurch sich die Speicherkapazität auf 108 kWh erhöht.

Umweltfreundlich und regional

Die Salzbatterie besteht aus 32 % Kochsalz (Natriumchlorid), 22 % Eisen, 22 % Nickel und 20 % Natriumionen leitender Keramik. «Ökologisch sind das alles unproblematische Stoffe, die zu hundert Prozent rezykliert werden können», erklärt Ursin. Bei Lithium ist die Situation anders: Es wird in Südamerika mit riesigen Mengen von Wasser aus nicht erneuerbaren Quellen aufbereitet. Weil der Preis für Lithium noch zu tief ist, werden die ausgedienten Batterien heute verbrannt und nicht wiederverwertet. Besonders leistungsfähige Lithium-Batterien kommen zudem nicht ohne den Rohstoff Kobalt aus, der zum grössten Teil aus der Demokratischen Republik Kongo stammt, wo er unter Sklaverei-ähnlichen, menschenunwürdigen Bedingungen abgebaut wird. Ursin will sich zu Konkurrenzprodukten nicht äussern und konzentriert sich lieber auf die Vermarktung von seinem Produkt. Er spricht auch nicht über die Risiken von brennenden Lithium-Batterien. Gebäudeversicherungen in Deutschland erheben deshalb eine Zusatzprämie auf solchen Speichersystemen. Ursins Salzbatterie braucht zwar eine relativ hohe Betriebstemperatur von 250 Grad, um auf Touren zu kommen, ist aber unbrennbar. Letztlich kommen noch regionale Aspekte dazu: «Die von uns eingesetzte Batterie wird von der Firma FZSoNick im Tessin hergestellt.» Zusammengebaut wird der «SaliDomo» von Kleinunternehmen in Brienz. Weshalb also in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nah liegt?

Auf Alpen stehen Salzbatterien mit dem mobilen «Indiewatt» bereits im Einsatz.

Sauber, sicher, robust

Kritiker bemängeln den tieferen Wirkungsgrad der Salzbatterie im Vergleich zur Lithium-Batterie. Tatsächlich verliert sie permanent 10 Prozent der Energie als Abwärme. Das sei aber eine zu einfache Betrachtung, findet Ursin: «Der Nutzen unter Einbezug der hohen Zyklenzahl und der langen Lebensdauer ist bei der Salzbatterie grösser als bei der Konkurrenz.» Am Preis kann es auch nicht liegen, denn dieser bewegt sich im Bereich der Lithium-Batterien. Ursin denkt sogar, dass die Salzbatterien langfristig eher günstiger werden, wenn die Technologie in grösseren Mengen angewendet wird. Dafür braucht es vor allem bei den Installateuren aber noch Überzeugungsarbeit. Diese verlassen sich in ihrem Alltag lieber auf Anwendungen, die sie kennen und sich bewährt haben. Ursin wird ihnen erklären, dass Salzbatteriespeichersysteme extrem einfach in der Handhabung sind, das Batterie-Management-System (BMS) reibungslos funktioniert und die Störungsanfälligkeit äusserst gering sei. Motivierend könnte zudem die Spezialität wirken, dass bei seinem Batteriespeichersystem «SaliDomo» standardmässig die Option des Inselbetriebs integriert ist. Ursin schmunzelt: «Eine Salzbatterie-Kundin in der Region merkte im letzten Jahr deshalb gar nicht, dass als Folge des Sturms Burglind bei ihr sechs Stunden der Strom ausfiel.» 35 Salzbatterien stehen bereits in Häusern im Einsatz. Nun geht es in die Serienproduktion: Dieses Jahr sollen mindestens 200 dazukommen. Dabei schielt Ursin auch nach Deutschland, wo der Markt boomt und letztes Jahr über 100‘000 Heimspeicher installiert wurden.

Vergleich

Lithium-Ionen-BatterieSalzbatterie
Zyklenzahl im Hausspeicherbetrieb
5000

5000
Restkapazität nach 10 Jahren Betrieb80 – 90 %100%
Energiegewicht auf Batterieebene (mit BMS)20 kWh/150 kg20 kWh/220 kg
Selbstentladung1-20 % (chemische Selbstentladung, im Alter zunehmend)10 % (thermische Selbstentladung, konstant während der ganzen Lebensdauer)
RecyclingBei Lithium noch nicht etabliert100% seit 1999
Wirkungsgrad (Nutzbare Energie, die dem Speicher entnommen werden kann)95 % (im Alter abnehmend)90 % (konstant über die Lebensdauer)
TiefenentladungBeschädigt die Batteriemöglich
KältesensibilitätBetriebsstopp bei Temperaturen unter +5 GradMöglicher Betrieb bis -25 Grad
WärmesensibilitätMuss ab 30 Grad Umgebungstemperatur gekühlt werden, sonst substantielle LebensdauerminderungBetrieb bis 60 Grad Umgebungstemperatur ohne Einschränkung der Lebensdauer

Publiziert in HK-Gebäudetechnik

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